Vieles deutet darauf hin, dass wir eine
Ära der finanziellen Repression bekommen. Denn die „finanzielle Repression“ ist
in aller Munde. Hierbei handelt es sich um einen sehr theoretischen Begriff.
Noch vor einem halben Jahr konnten sich 80 Prozent der Menschen darunter nichts
Konkretes vorstellen. Durch eine verstärkte mediale Berichterstattung sind nun
mehr Menschen sensibilisiert. Als finanzielle Repression bezeichnet man eine Reihe von Zwangsmaßnahmen,
mit denen Staaten ihre Finanzierungskosten künstlich niedrig halten. Der
Begriff wurde 1973 von den Ökonomen Ronald McKinnon und Edward Shaw eingeführt. Zur finanziellen Repression haben Staaten
in der Vergangenheit gegriffen, wenn sie ihre hohe Verschuldung nicht allein durch
Inflation und fiskalische Sparmaßnahmen abbauen konnten.
Staaten bevorzugen die finanzielle Repression, weil sie leichter durchsetzbar
ist als Ausgabenkürzungen und Abgabenerhöhungen.
Das Ziel der Maßnahmen ist der Zugang zu frischem Kapital zu Konditionen, die
am freien Markt nicht zu erreichen wären. Daher wird in den Markt eingegriffen,
damit Staatsanleihen trotz niedriger Zinsen weiterhin
Abnehmer finden. Werden die niedrigen Zinsen durch die Inflation aufgezehrt,
dann resultieren daraus negative Realzinsen. Durch sie erleiden die Anleger
Kaufkraft- und Kapitalverluste. Diese Verluste der Anleger reduzieren effektiv die
Staatsschulden und sind das Motiv der finanziellen Repression.
Weltweit drehen die Zentralbanken ihre Geldhähne immer weiter auf. Die
Staatsschulden Deutschlands lagen Ende 2012 bei über 80 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes (BIP). Damit gehört die Bundesrepublik zu den Vorbildern
des Euroraums, aber auch sie verletzt das Maastrichter Schuldenkriterium von
maximal 60 Prozent deutlich. Es bleibt einiges zu tun, um die Verschuldungssituation
zu verbessern. Der Mechanismus der finanziellen Repression ist einfach: Wächst
eine Volkswirtschaft stärker als die auf den öffentlichen Schulden liegende
Zinslast, dann kann sie aus den Schulden herauswachsen. Doch die Kehrseite der Medaille
sind dazugehörende niedrige, negative Realzins nach Abzug der Inflation.
Die USA sind das historische Vorzeigebeispiel für finanzielle Repression:
Da sie längst an der Schuldenobergrenze angekommen sind, wird in einem weiteren
Schritt auch für sie die Wirkung dieser lautlosen Entschuldung untersucht. Hier
ein Fallbeispiel für Deutschland:
BEISPIEL 1:
- Ein zukünftiges, langjähriges (strukturelles) Wachstum von 1,5 Prozent pro Jahr,
- eine durchschnittliche Rendite auf die Staatsanleihen über alle Laufzeiten von 2 Prozent und
- ein ausgeglichener Primarhaushalt – das heißt ein öffentlicher Haushalt, bei dem lediglich die staatlichen Ausgaben den Einnahmen gegenübergestellt werden, ohne Zins- und Tilgungsleistungen zu berücksichtigen.
Konkret für Deutschland knüpfen
1,5 Prozent BIP-Wachstum an den Durchschnitt der vergangenen Jahre an. Dabei
werden die zwischenzeitlichen Boom-Jahre ausgeklammert, da mit einer
Wiederholung dieser Wachstumsraten gerade im Kontext der Entschuldung kaum zu
rechnen ist. Die durchschnittliche Rendite liegt über der aktuellen Rendite für
10-jahrige Bundesanleihen (Stand: Mai 2013). Zu einem Teil wird dies der
Rendite von Anleihen mit längerer Laufzeit (und höherer Rendite) geschuldet.
Zum überwiegenden Teil wird aber unterstellt, dass es zumindest zu einer ansatzweise
Normalisierung der Magerrenditen über die Jahre kommen kann – dann wenn sich
zum Beispiel die Lage im Euroraum mehr und mehr stabilisiert. Im historischen
Kontext wäre diese Rendite aber immer noch niedrig. Zum Vergleich: Wird als
Messlatte ein langfristiger, investiver Realzins entsprechend dem realen (!)
Wachstum – also 1,5 Prozent pro Jahr – unterstellt und dazu die Inflation von
2,5 Prozent addiert, um zum nominalen Zins zu gelangen, dann läge die
langfristige, nominale (!) Rendite eigentlich bei 4 Prozent statt bei 2
Prozent. Von finanzieller Repression konnte also unverändert gesprochen werden.
Weitere Beispiele folgen...
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