Die Durchsetzungsinitiative als falsches Bild von Ausländerangst
St.Gallen, 29.02.2016. „Die Angst vor Überfremdung ist generell zu
verstehen, führt oft jedoch zu merkwürdigen Entwicklungen“, meint PR-Profi
Michael Oehme. Der Kommunikationsexperte, der selbst seit mehreren Jahren in
der Schweiz lebt, wäre von der Durchsetzungsinitiative ebenso betroffen
gewesen, wie rund 25 Prozent der Schweizer Bevölkerung auch. Die Schweizer
Volkspartei (SVP) hatte eine Volksbefragung eingeleitet, die am vergangenen
Sonntag stattfand. Sie scheiterte. Die SVP wollte damit erreichen, dass
kriminelle Ausländer künftig automatisch, also ohne richterlichen
Ermessensspielraum, für viele Jahre des Landes verwiesen würden, nachdem sie
ihre Strafe verbüßt haben. „Der Teufel lag dabei im Detail“, so Michael Oehme.
So fanden sich im „Bußgeldkatalog“ selbst Strafen wie zu schnelles Fahren oder
Beleidigen der Polizei. Wären dieses innerhalb von zehn Jahren zwei Mal vorgefallen
– stände einer Abschiebung nichts mehr im Wege. „Nach einem Mal zu schnell
fahren, hätte man ohne Schweizer Pass also sehr vorsichtig sein müssen, während
der Schweizer Staatsbürger mit derart einschneidenden Veränderungen seiner
Lebenssituation nicht rechnen müsste. Dies Ungleichbehandlung kann nicht
gewollt sein“, so Oehme. Der PR-Profi vermutet hinter der Volksinitiative ganz
andere Gründe. Es gehe derzeit doch in ganz Europa um die Frage des Umgangs mit
Ausländern, Ängste werden geschürt, nicht erst seit den katastrophalen
Vorgängen in der Sylvesternacht. Insofern lobt die deutsche Presse die
Vorgehensweise der Schweiz als vorbildlich, die sich gesellschaftlich mit
derartigen Themen auseinandersetze ohne das notwendige Augenmaß zu verlieren.
PR Profi Michael Oehme kann sich dieser Einschätzung nur bedingt anschließen.
Er ist der Meinung, dass sich die Schweiz durch diese Vorgehensweise in der
Öffentlichkeit keinen Gefallen getan und ein falsches Bild kommuniziert hat.
Dies auch vor dem Hintergrund als die rund 25 Prozent der Schweizer
Bevölkerung, die ohne Schweizer Pass hier leben, erheblich zum
Bruttosozialprodukt beitragen und die Beschäftigungsquote auf einem sehr hohen
Niveau halten. Eine jüngste Erhebung des Bundesamtes für Statistik zeigt beispielsweise,
dass der Anstieg der Beschäftigungsquote insbesondere auf dem Zuwachs
ausländischer Arbeitskräfte (einschließlich Grenzgänger) beruht. Die Zahl der
Schweizer Erwerbstätigen ging dabei geringfügig zurück. Daher habe es die
Schweiz gar nicht nötig, dieses fremdfeindliche Bild in den Vordergrund zu
stellen. Denn dass die Schweiz inzwischen ein Land der Superlativen sei, daran
bestehe kein Zweifel mehr und wird durch viele Erhebungen bestätigt. So zählten
nach einer Studie des Londoner Legatus Instituts „die Bewohner der Schweiz zu
den reichsten, klügsten, gesündesten und freiesten Menschen der Welt“. Und nach
dem „Gobal Competitiveness Report“, der die Wettbewerbsfähigkeit von 140
Nationen misst, steht die Schweiz erneut auf Platz eins. Zum siebten Mal in
Folge. Das dies in Anbetracht eines hohen Lebensstandards und hoher Gehälter
viele Menschen anlockt, sei nach Oehme kein Wunder und auch gut für die
Wirtschaft. So dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – trotz des starken
Franken - nach Ansicht der Konjunkturforschungsstelle (Kof) der Eidgenössischen
Technischen Hochschule Zürich in 2016 und 2017 wieder deutlicher steigen. Interessant
ist dabei die Verteilung der Konsumausgaben auf die Bürger der Schweiz: So sind
es nach Berechnungen von Credit Suisse gerade die „Neubürger“, die in den
letzten sechs Jahren mit einem Viertel am Gesamtkonsum beigetragen und somit
als Wachstumstreiber der Wirtschaft eingestuft werden können. „Die Schweiz
sollte daher lieber ein Image pflegen, wie es ihm auch gerecht wird“, meint der
„Wahlschweizer“ Michael Oehme. So belegt die Schweiz nach dem Ranking des Global Talent
Competitiveness Index (GTCI) nunmehr zum dritten Mal den ersten
Platz im „Kampf“ um internationale Talente. Eine Ausgangsbasis, um die sie
viele Länder beneiden.
Gut, dass das endlich mal jemand so deutlich sagt. Wir Schweizer haben uns mit dieser Diskussion keinen Gefallen getan. Ich lebe seit Jahren berufsbedingt in Österreich, sehe aber mit Sorge, wie sich mein Heimatland immer weiter abschottet.
AntwortenLöschenIch finde es hervorragend, dass die Schweizer Bürger das ausdiskutieren durften. So etwas wünsche ich mir für Deutschland!!! Weiter so!
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