Landgericht Berlin
anerkennt Schätzungsgrundlage; Urteile dürften Signalwirkung für andere Bundesländer
haben
Der Berliner Mietwohnungsmarkt ist
angespannt. Dies ist nicht nur der Presse zu entnehmen. Wer in der
Bundeshauptstadt nach einer neuen Bleibe sucht, wird es auch schnell am eigenen
Leib erfahren. „Lange Schlangen von Interessenten sind inzwischen nicht nur an
der Isar, sondern auch an der Spree die Regel“, meint Kommunikationsexperte
Michael Oehme. Die Gründe hierfür sind schnell gefunden. Nach einer
Veröffentlichung des Berliner Mietervereins e.V. und der IG Bauen-Agrar-Umwelt
übersteigt die Nachfrage nach Wohnraum inzwischen das Angebot in 9 von 12
Bezirken. Berlin ist eben „arm, aber
sexy“, wie es einst Bürgermeister Klaus Wowereit auf den Punkt brachte. „Wobei
durch den Zuzug aus Deutschland und anderen Ländern bzw. das steigende
Interesse von Firmen an der Bundeshauptstadt, der un goût des „arm“ zunehmend
schwindet“, so Michael Oehme.
Weniger
Quadratmeter als in „Restdeutschland“
Dabei wohnen die Berliner, nach
jüngsten Erhebungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), schon jetzt
beengter als das Gros der übrigen Bundesdeutschen. Zumindest im Hinblick auf
den Verdienst. Mit einem Viertel des Einkommens leisten sie sich 68
Quadratmeter Wohnfläche. Im Bundesdurchschnitt sind es im direkten Vergleich 94
Quadratmeter. Wobei das IW hervorhebt, dass das Wohnen in den Metropolen
generell teurer ist und sich die Bürger daher nur kleinere Wohnungen leisten.
Mietpreisbremse
bisher vergleichsweise wirkungslos
Um sich der Diskussion der steigenden Mietpreise
zu stellen, haben Bundestag und Bundesrat dabei vergleichsweise schnell ein
Gesetz verabschiedet, dass es den Bundesländern ermöglicht, Gegenden mit
angespannten Wohnungsmärkten auszuweisen und deren Mietpreissteigerungen am
Mietspiegel festzumachen. „Diese sogenannte Mietpreisbremse, die ab dem 1. Juli
2015 auch für Berlin gilt, hat bislang jedoch nur wenig Wirkung gezeigt. Denn
seither stiegen die Mietpreise durchschnittlich nochmals um rund sechs
Prozent“, so der Sankt Gallener Kommunikationsexperte Oehme. Über die Gründe könne
man dabei nur spekulieren. Zum einen sehe das Gesetz ja Ausnahmen vor.
Beispielsweise, wenn es sich um einen Neubau handele oder die Immobilie
umfassend saniert wurde. „Andererseits dürften sich auch viele Vermieter schlicht
nicht an die Vorgaben halten, wenn doch genügend Interessenten Schlange
stehen“, meint Oehme.
Berliner
Mietspiegel 2015 für Vergleiche angemessen
Wenigstens eine „Ausrede“, gerade von
Vermietern, der Berliner Mietspiegel 2015 sei für einen Vergleich und damit die
Festsetzung der neuen Mieten ohnehin nicht repräsentativ, wurde nun durch zwei
Entscheide des Landgerichts Berlin (LG) widerlegt (Az. 67 S 72/16 und 18 S
111/15). Interessant sind dabei weniger die Einzelfälle, in denen es nicht
einmal um größere Summen ging, sondern die grundsätzlich ablesebare Intention
des Gerichtes, den Mietpreisspiegel als Vergleichsmaßstab zu bestätigen. So
geht in dem einen Fall das Gericht in seiner Urteilsbegründung nicht davon aus,
die erhobenen Daten seien unter „Verstoß gegen wissenschaftliche Grundsätze
erhoben bzw. ausgewertet“ worden. Es ergänzt, dass etwaige Mängel zudem nicht
ins Gewicht fallen würden. Im anderen Fall war vom Kläger angebracht worden, es
fehle an einer repräsentativen Stichprobe. Auch diese Meinung schloss sich das
Gericht in Anbetracht der Daten von 8500 Wohnungen nicht an. Eine Zulassung zur
Revision ließ das Landgericht Berlin nicht zu. Damit dürften diese
Entscheidungen auch für andere Städte Signalwirkung haben: „Viele Städte in
Deutschland kämpfen mit der Ansicht von Vermietern, die herausgegebenen
Mietspiegel entsprächen nicht der tatsächlichen Vermietungssituation. Diese
Einschätzungen dürften nun durch die LG-Entscheide einen Dämpfer bekommen
haben“, fasst Michael Oehme zusammen. Das Urteil wirke allerdings auch in die
andere Richtung und sei verbindlich für Mieter.
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