Immobilienbrief
Nr. 300
Dieser
Beitrag wurde mit Zustimmung der Verantwortlichen des Immobilienbriefes
entnommen und darf hier veröffentlicht werden.
Univ.-Prof.
Dr. Karl-Georg Loritz, Bayreuth, Steuerberater
Mittelstandsanlagen
und Immobilienanleihen –
Attraktive Chance oder Debakel wie beim Neuen Markt?
Attraktive Chance oder Debakel wie beim Neuen Markt?
- Teil: Börsennotierte Mittelstandsanleihen als neue Asset-Klasse
Die Krise des Neuen Marktes liegt gut
10 Jahre zurück. Vergessen scheint, dass der damaligen Euphorie der Verlust von
Anlegergeldern in Milliardenhöhe gefolgt ist. Nachdem Banken bei der
Kreditvergabe u.a. auch an mittelständische Unternehmen zunehmend
zurückhaltender sind und bei fehlender Eigenkapitalunterlegung und Absicherung,
manche Finanzierungen nicht mehr gewähren, scheinen Mittelstandsanleihen die
neue Hoffnung zu sein. Seit gut drei Jahren konnten mehr als 80 Unternehmen Anleihen
im Gesamtvolumen von mehr als 3,5 Milliarden Euro an den Börsen Stuttgart,
Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg/Hannover und München platzieren. Während so
mancher offene Fonds an Bankschaltern um Kunden kämpft und geschlossene Fonds
zum Teil überhaupt nicht mehr platziert werden können, werden Mittelstandsanleihen
über Zig-Millionen Euro in wenigen Stunden platziert.
Die künstliche Absenkung der Zinsen,
bewusst verursacht durch die Flutung der Märkte mit Geld seitens der
US-amerikanischen Notenbank und der europäischen Zentralbank, bringt immer mehr
institutionelle Anleger in einen wahren Notstand. Auf welchem Wege sollen z.B. Stiftungen
noch die Erträge erzielen, die sie benötigen, um die laufenden Kosten und die
Aufgaben, von denen sie sich nicht kurzfristig lösen können, zu erfüllen?
Mittelstandsanleihen mit Zinsen zwischen 6 und 9 % scheinen hochwillkommen. Den
für die Anlage auf Investorenseite Verantwortlichen reichen zum Teil Ratings mit
BB ausreichend und dies, obwohl derartige Rating ein durchaus hohes
Ausfallrisiko signalisieren.
Um nicht falsch verstanden zu werden:
Ich erachte gerade nach Auslaufen der geschlossenen Fonds bisheriger Prägung Anleihen
als ein bewährtes und leicht verständliches Instrument zur Finanzierung auch
mittelständischer Unternehmen. Das Geld ist flexibel einsetzbar und die Voraussetzungen
der Börsenzulassung einschließlich der Prospektierung zwingen die emittierenden
Unternehmen, ihre Unternehmensphilosophie offen zu legen. Sicherheit bringt
dies den Anlegern aber nicht; denn durch einen Prospekt wird nicht die Qualität
einer Kapitalanlage besser, sondern nur die Transparenz erhöht. Ist das Geld
erst einmal „eingesammelt“, so können, wenn es keine sehr konkrete Zweckbindung
gibt, die Manager mit dem Geld im Grunde machen, was sie wollen. Mit dem Geld wird
also keineswegs zwingend ein zusätzliches ertragreiches Investment getätigt
oder gar ein unternehmerisch neues Segment erschlossen. Zum Teil wird das Geld dringend
sogar benötigt, um fällige, von der Bank nicht verlängerte Kredite, zurückzuführen,
andere Gläubiger zu bedienen oder sonstige Verbindlichkeiten zu tilgen. Bei der
Verwendung des Geldes sind die Manager freier als bei einem „Blindpool“, bei
dem wenigstens die Art der Anlagegegenstände und damit der ungefähre Weg, auf
dem die versprochenen Zinsen und die für die Rückzahlung des Anlegergeldes
benötigten Mittel erwirtschaftet werden sollen, feststeht.
Mittelstandsanleihen darf man bezüglich
der Sicherheit auch nicht mit Anleihen von Großkonzernen verwechseln. Rechtlich
gleichen sich die Anleihen zwar, faktisch freilich oftmals nicht. Die Deutsche
Bank und nicht einmal die Commerzbank können derzeit faktisch in die Insolvenz
gehen, denn hier greift der Staat rettend ein. Drohte einem großen deutschen
Automobilhersteller einer Premiummarke die Insolvenz, so würde er von einem
anderen aufgekauft. In dieser bevorzugten Situation befinden sich
mittelständische Unternehmer nicht. Im Insolvenzfall ist das Geld der Anleger
verloren. Selbst „nicht systemische“ große Unternehmen wie Philipp &
Holzmann AG und Arcandor AG können insolvent werden, die Insolvenz
mittelständischer Unternehmen interessiert die Politik ohnehin nicht.
Realistischer Weise muss sich der
Anleger, sofern es sich nicht um Anleihen erstklassiger Unternehmen handelt,
die klare Frage stellen: Besteht die Bereitschaft, für 5% oder auch 8 %
Zinsen den Verlust des eingesetzten Kapitals zu riskieren? Für mich gilt, dass
auch solche Zinsen das Risiko des Vermögensverlustes nicht rechtfertigen. Oftmals
in das Vermögen besser mit wenig Zinsen, dafür aber sicher angelegt als bei manchem
mit BB gerateten Unternehmen zu 8 % mit allen Risiken.
Vor wenigen Jahren und noch ehe
Mittelstandsanleihen an den Börsen Konjunktur hatten, begannen kleine und
mittlere Immobilienunternehmen Immobilienanleihen zu emittieren. Die entscheidende
Frage bei ihnen ist: Sind sie so konzipiert, dass dem Anleger im Insolvenzfall der
Zugriff auf die Substanz der Immobilien möglich ist?
Oder ist das Wort „Anleihe“ Etikettenschwindel?
Oder ist das Wort „Anleihe“ Etikettenschwindel?
Dazu Teil 2 im nächsten
Immobilienbrief.
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