Elmar Wiegand hat die Aktion Arbeitsunrecht
gegründet und erforscht u.a. in diesem Zusammenhang gewerkschaftsfeindliche
Maßnahmen in Deutschland. In dem interessanten Beitrag für die „junge Welt“
(„Streikende und ihre Ziele werden diffamiert“) macht er auf einen Aspekt
aufmerksam, auf den man ohne größeres Nachdenken sicher nicht gekommen wäre:
Gewerkschafter sehen zudem die Arbeit von PR-Abteilungen der Unternehmen, für
die beide tätig sind, als kritisch.
Beitrag der Gewerkschaften zu stabiler
Wirtschaft
Ohne Zweifel haben die Gewerkschaften zur
Etablierung einer wirtschaftspolitisch stabilen Situation in der Bundesrepublik
Deutschland über viele Jahrzehnte beigetragen, indem sie den Unmut der
Beschäftigten kanalisiert und - so es möglich war – gemeinsam mit den
Unternehmen (Unternehmern) Lösungen gefunden haben, diesen Unmut zu beruhigen.
Anders als beispielsweise in den USA konnten dabei in der Regel
partnerschaftliche Lösungen gefunden werden, ohne dass es zu unangemessenen
Streikausfällen gekommen wäre. Auch kann man durchaus positiv konstatieren,
dass die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung – zumindest in der Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg – weitgehend gewaltfrei verlief. Dieses positive Bild bestätigt
sich auch durch die Wahrnehmung aus dem Ausland. Die Bundesrepublik Deutschland
gilt als interessanter Investitionsstandort.
Streikmoral brechen
Kommt es dennoch zu einem Streik, ist man
nach Meinung von Wiegand gut beraten, nicht nur die Protagonisten Gewerkschaften
auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite anzuschauen, sondern
zunehmend auch andere Beteiligte, wie Polizei, Gerichte, spezialisierte
Anwaltskanzleien – und eben auch die PR-Abteilungen der Unternehmen, die gerade
bestreikt werden. Diese beeinflussen zunehmend die Medien und damit die Haltung
der arbeitenden Bevölkerung, was sich auf die Streikmoral auswirke.
Öffentlichkeit in Geiselhaft nehmen
Immer deutlicher wird dabei die These, dass
die Gewerkschaften die Bevölkerung gewissermaßen in Geiselhaft nehmen würden,
um ihre Interessen durchzusetzen. Die Presse versucht dabei, von den
eigentlichen Forderungen abzulenken und stellt die Unverantwortlichkeit der
Streikenden in den Vordergrund - jüngst gut zu erkennen beim Streik der
Erzieherinnen und Erzieher in Deutschland. Wenn die Behauptung, dass Mutti oder
Vati wegen eines Streiks zu spät zur Arbeit kommen wichtiger ist, als der aus
meiner Sicht berechtigte Hinweis, dass die Versorgung der Kinder generell schon
deshalb immer mehr in weite Ferne rückt, da Erziehrinnen und Erzieher in
Deutschland seit Jahren keine adäquate Einkommensanpassung bekommen haben und
deshalb immer seltener werden, ist das der falsche Weg. Allerdings sind die
Gewerkschaft auch gut beraten, sich diese neue Entwicklung in der PR der
Unternehmen genauestens anzuschauen und angemessen darauf zu reagieren.
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