Dienstag, 19. März 2013

Michael Oehme: Finanzskandal Guinness


 

Finanzskandale sind kein Phänomen des 21. Jahrhunderts. Erinnern Sie sich an den Skandal um den Getränkekonzern Guinness, der die Londoner Finanzwelt erschütterte?


In den achtziger Jahren galt Ernst Saunders als Prototyp des ambitionierten und gleichzeitig fähigem Managers auf der britischen Insel. Als er 1981 seinen Posten als Chef der Guinness-Brauerei antrat, war das britisch-irische Unternehmen ein unbedeutender Bierproduzent mit gerade einmal 100 Millionen Pfund Umsatz, dessen Geschäfte zusehend schlechter liefen. Saunders jedoch machte daraus ein weltweit operierendes Getränkeimperium in Milliardengröße, indem er alle nicht zum Kernbereich gehörenden Aktivitäten abstieß, den Bierabsatz belebte und sich bei anderen Spirituosen- und Getränkeherstellern einkaufte. 1996 hatte es Saunders auf den schottischen Whiskey- und Ginbrenner Distillers Company abgesehen. Der Deal sollte die Krönung seiner Karriere werden und Guinness zu einem der bedeutendsten Getränkekonzerne der Welt machen. Zeitgleich jedoch bot die schottische Supermarktkette Argyll für die Aktien der börsennotierten Distillers Company. Mithilfe der beiden Banken Morgan Grenfell und Henry Ansbacher nahm Saunders Kontakt zu einflussreichen und vor allem kapitalkräftigen Geschäftsleuten der Londoner City auf. Die Bündnispartner von Saunders sollten im großen Stil Guinness-Aktien kaufen, da das Guinness-Kaufangebot für Distillers neben einer Barabfindung auch einen Aktientausch vorsahen. Je höher also der Aktienkurs von Guinness stieg, desto lukrativer sah dieser Tausch für die Distillers-Aktionäre aus. Die Kursmanipulation funktionierte und Distillers nahm das Angebot von Saunders an, welches einem Kaufpreis von 2,7 Milliarden Pfund entsprach.

Der Guinness-Chef konnte sich nicht lange im Glanz seines Erfolges sonnen: Ivan Boesky, der als Inside-Dealer entlarvte amerikanische Aktienspekulant, war die undichte Stelle und die britische Justiz begann ihre Ermittlungen. In einem der größten Prozesse der britischen Finanzgeschichte kam ans Tageslicht, dass das Guinness-Management zusätzlich zur Kursmanipulation auch noch einige Distillers-Aktionären heimlich einen höheren Preis für ihre Anleihe gezahlt und somit gegen die Übernahmeregeln verstoßen hatten. Saunders wurde zusammen mit drei Mitangeklagten, in insgesamt zwölf Punkten für schuldig befunden- unter anderem Diebstahl, Verschwörung und Buchfälschung- und zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Saunders selbst sah sich nie im Unrecht, sondern als Opfer einer Verschwörung von früheren Vorstandskollegen, Mitgliedern der Guinness-Familie, Politikern, Anwälten und Bankern. 

By VL/ Michael Oehme

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